Die Brachial Romantische Haus Apotheke
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SESSELFURZER BLUES
oder Der Schaulustige

1 Warum in die Ferne schweifen
Wenn der Fernseher noch geht
Und im Kühlschrank eine Batterie
Gekühlter Rohre steht
Wenn die Snacks und Cracks und Flakes
Aus der Packung krümeln
Kann man locker übern Hocker
Zwischen Couch und Kissen lümmeln
Ein dreifach Hoch dem Korkenzieher
Der mich in die Flasche lässt
Auf dass der Alkohol alsbald
Meine Seele nässt
Dazu ein Crack, ein Snack, ein Schleck
Das gefällt mir, das ist schön
Knabbernd kann der Degoutant
Besser in die Ferne wehn

2 Und was gibt’s da zu erblicken?
Wundervolle Nahaufnahmen
Rangezoomt und aufgeblasen
Dass sie fallen aus dem Rahmen
Krokodile, Krieg und Weiber
Wo man alles sehen kann
So nah kommt man in natura
Überhaupt nicht ran
Denn das kostet ohne Ende
Geld und Schweiß und gute Laune
Anstatt ins Moskitonetz
Kriech ich in die Daune
Breitpal glimmt die Secamgurke,
Pixelt mir die Welt ins Zimmer
Rollt mein Kopf nach hinten,
Knallt er immer auf den Dimmer

3 Ich will meine Ruhe haben
Mich in meiner Fläze räkeln
Um mit Stereo-Dolby-Quadro
Durch den Cyberspace zu segeln
Und so schone ich die Umwelt
Gehe keinem auf die Kette
Nur bei Darmgewitter halbe
Treppe auf Toilette
Wo steht geschrieben, dass wir gaskrank
Durch die Kante bohnern solln
Dass wir wie die Ochsen ackern
Und nur Kohle machen wolln?
Alles Übel dieser Welt
Liegt, wie man weiß, daran
Dass der Mensch sich nicht allein zu Haus
Die Zeit vertreiben kann


Beckert/Wolff 1994

veröff. auf Der Durchbruch (1996)

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