Die Brachial Romantische Haus Apotheke
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MITM HUND

Intro
Der Mensch an sich ist einsam
Und möchte einen Freund
Der mit ihm durchs Leben geht
In dick und dünn vereint

1 Turnusmäßig Klassentreffen
Der Streuselkuchen krümelt
Der Sessel spreizt die Beine
Und der Bohnenkaffee blümelt
Der Direktor wird gehänselt
Und die Lehrerin gegretelt
Die Sekte werdn gesüffelt
Und die Biere eingeschädelt
Es steigt der Sod die Röhre hoch
Und brennt mir ausm Mund

Jetzt nehm ich meine Leine
Und gehe mitm Hund
Nehme meine La-la-Leine
Und geh erstmal mitm Hund

2 Ich sitze aufm Arbeitsamt
Hartzzeit vier vor Vier
Der Zeiger klebt am Zifferblatt
Plötzlich neben mir
Ballert einer in die Decke
Und die Sprinklerdüse sudelt
Auf die ALG-Empfängerzettel
Dass der Feuerlöscher sprudelt
Die ALDI-Tüte aufgeweicht
Das wird mir jetzt zu bunt

Ich nehme meine Leine
Und gehe mitm Hund
Nehme meine La-La-Leine
Und geh erstmal mitm Hund


Talk:
Treffen sich ein Windhund und ein Dackel.
Sagt der Windhund:
Ich heiße Gunther vom Hohenfels.
Hast du auch so einen schönen Namen? –
Sagt der Dackel:
Ich heiße Runter vom Sofa.

Hunde halten sich Menschen als Fütterer,
Leinenträger und Masseure.
Beim Rumströmern dient der Halter,
sprich: der Kacksackträger,
als Orientierung in der Landschaft.
Grundsätzlich gilt, dass der Hund
nicht größer sein sollte als das Wohnzimmer.
Wenn der Hund mit im Bett schläft,
dann nicht größer als das Bett.
Es sei denn, das Bett steht im Schlafzimmer.
Und: Herrchen isst, was Hund isst.
Wenn schon mal eine Büchse aufgemacht wird,
dann nicht noch eine Extrawurst.

Ich weiß, es kommt einmal der Tag
Wo mein Hund den Mund aufmacht
und laut vernehmlich etwas sagt:
Ein Hund der hat drei Zecken
Drei Zecken hat ein Hund
Und hat er keine Zecken
Dann ist es kein richtiger Hund

3 Vernissage im Kunsthof
Wieder mal Kultur
Etwas für die Seele tun
Grafik und Skulptur
Die Kunst sieht aus wie Kunsthandwerk
Laudatio ist geschenkt
Dafür wird der Schaumwein
Nur für Bares ausgeschenkt
Und ausgerechnet dieser
War meines Kommens Grund

Ich nehme meine Leine
Und gehe mitm Hund
Nehme meine La-la-Leine
Und geh erstmal mitm Hund

Talk:
Wir leben nicht nur im Wandel der Zeiten,
sondern auch im Wandel der Hundenamen.
Vorbei mit Nero, Bello, Flocki, Waldi, Fiffi, Schnuffi, Lumpi.
Hunde heute sind Opfer der Bildungswut ihrer Fütterer:
Pluto heißt Apollo 13,
Fiffi Rosa von Praunheim
und Lumpi Machiavelli.
Philosophen gelten als besonders beliebte
Namenspatrone:
Lenin, Nietzsche, Kant, Hegel und statt Pluto Plato.
Leibniz – sitz!
Habermas – fass!

Deutsch ist eine gute Kommandosprache,
sagte Frank Zappa.
(Zappa ist auch ein schöner Hundename.)
Aber im Zuge der EU-Erweiterung wurde herausgearbeitet,
dass vor allem Tschechisch eine gute Kommandosprache ist:
Dubček! Hašek! Husák! Čapek! Dvořák!
Knapp, knackig scharf –
wie Dolly Busterova, die Karlsbader Schnitte
oder Doppelbemme –
mit den zwei Airdales – ääh, Airbags.

Apropos Dolly Buster –
Wir alle kennen den Liebeserhaltungssatz:
Die Summe der Streicheleinheiten bleibt immer gleich.
Sinkt die Geburtenrate, steigt die Hundequote.
Und es verdoppelt sich die Anzahl der Beine.

Apropos Beine –
Was ist das? Vier Beine und ein Arm? –
Ein Pitbull aufm Kinderspielplatz.

Aber einmal kommt der Tag
Und ich hoffe, er kommt nicht
Wo mein Hund den Mund aufmacht
Und mir widerspricht
Wenn ich zu ihm sage:
Rosa Hunde
Müssen zum Hundefriseur
Rosa Hunde
Und zum Sterilisateur

Wenn du immer die Bullen anpinkelst, wirst du kastriert.
(Castro ist auch ein schöner Hundename.)

4 Ich stehe am Fahrdamm
Es braust der Verkehr
Der Deutsche stirbt aus
Doch der Verkehr wird immer mehr
Die Wachstumsraten steigen
Trotz Dauerinflation
Ich seh das andre Ufer kaum
Vor Feinstaubemission
Doch Gassigehn ist Tierfreundspflicht
Da zählt kein Hind’rungsgrund

Ich nehme meine Leine
Und gehe mitm – – –

5 Gummis quietschen, Licht geht aus
Geht nicht wieder an
Ich denke mir, das war’s nun
Mal ist jeder dran
Da steh ich vorm Gehörnten
Mir keiner Schuld bewusst
Wieso denn Fegefeuer?
Darauf hab ich keine Lust
Doch Luzifer holt Cerberus:
Willkomm’ im Untergrund

Hier, nimm erstmal die Leine
Und gehe mitm Hund
Nimm die La-la-Leine
Und geh erstmal mitm Hund

Der Hund an sich ist einsam
Und möchte einen Freund
Der mit ihm durchs Leben geht
In dick und dünn verleint

Und wenn ihr beide Gassi geht
Dann lautet der Befund

Du hängst an der Leine
Und vorne zerrt der Hund
Hängst an der La-la-Leine
Und vorne zerrt der Hund



Beckert/Wolff 09/2005 (Fassung 3)

veröff. auf Duolektik (2010)

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