MITGEFÜHL
Es ist Zeit aufzubrechen
Sprach der Heilige Ignoratius in seiner Gruft
Ich kann nicht länger ins Dunkel gucken
Sonst wird mir schwarz vor Augen
Nahm den Pilgerstab
Schnappte sein Navi und ging
Regen schiffte in Strömen
– Es war mir egal
Ein rotes Ampelmännchen versperrte ihm den Weg
– Es war mir egal
Ein Eventmanager duschte ihn mit seinen Sportbreitfelgen
– Es war mir auch egal
Und ein militanter Radler riss ihm ein Triangel in den Trenchcoat (klingelingeling)
All dies ertrug der Heilige mit gewohnter Stoik
Dann aber, mitten in einem unbenutzten U-Bahn-Tunnel
Sprang ein Räuber vom Schotter und schrie:
Geld oder Leben!
– Warum tust du dies?
– Weil ich ein Räuber bin
– Du weißt doch, dass sich so etwas nicht gehört!?
– Nein, so etwas habe ich noch nicht gehört
– Nun, so höre denn
Mitgefühl ist, was du brauchst, mein Freund
Mitgefühl mit viel Gefühl
Mitgefühl und Anteilnahme
Es ist nicht genug Liebe für alle da
Da sank der Räuber hin und schlug sich böse die Knie auf
Ein Ameisenhaufen wuchs aus dem Schotter
Daraus spross ein singendes-klingendes Bäumchen und schüttelte sich (klingelingeling)
Der Heilige Ignoratius war zufrieden mit sich
Schulterte seine Aktientasche und ging zur Börse
Und in der Aktienmarkthalle fauchten die Geldhamster den Dax an
– Es war mir egal
Und die Bullen und Bären trieben den Dow Jones durch die Gänge
– Es war mir auch egal
Da kam ein verzweifelter Makler des Wegs
Der eben zehn Mille verdient und gleich wieder verloren hatte
Und der Heilige fragte:
– Warum tust du dies?
Der Zocker zuckte mit den Aktien:
– Das ist mein Beruf
– Du weißt doch, dass sich so etwas nicht gehört!?
– Nein, so etwas habe ich noch nicht gehört
– Nun, so höre denn
Mitgefühl ist, was du brauchst, mein Freund
Mitgefühl mit viel Gefühl
Mitgefühl und Anteilnahme
Es ist nicht genug Liebe für alle da
Da weinte der Makler bitterlich
Denn er war als ungeliebtes Kind in einem Tresor aufgewachsen
Er glitt auf einem Goldbarren aus und brach sich den Halswirbel
Der Dax stürzte vom Sockel und riss alle Kursteilnehmer in den Keller
Wo die Ameisen bereits die Kohle zählten
Und durch den Krötentunnel der Eurozentralbank kroch eine eusoziale Nacktmullsippe
Und wiederheulte den Kehrreum in Eu-Mull
Meutgefäul ist, was du bräuchst, meun Freund
Meutgefäul mit veul Gefeul
Meutgefäul mit Anteulnäume
Es gibt nicht genug Loipe für eule
Der Heulige Eugnoreutius war zufrieden mit sich
Bohnerte südwärts auf seinem Scateboard
Ohne Licht auf der linken Spur über den Brenner-Highway
In Venedig hatten alle den Kanal voll
– Es war mir egal
In Pisa bog sich der schiefe Turm gerade
– Es war mir auch egal
Und in Rom irrlichterte Benny The Pope* durch die heiligen Stuhlgänge
Fuchtelte mit den Armen und las ihnen aus den Leviten vor:
Hütet euch vor der Verhütung!
Seid fruchtbar und mehret euch!
Wir sind viele, aber wir müssen noch viel mehr werden
Sonst überheckt uns der Mohammedöner
– Was redest du da für einen sixtinischen Käse?
Fragte der Heilige Ignoratius
Aber Benny konterte geschickt mit einer Gegenfrage:
– Was hast du denn da für eine dreifaltige Angel im Trenchcoat?
– Wo? (klingelingeling)
– Oh!
Der Heilige Ignoratius verstummte
Sturzbachartig schwappte die himmelblaue H-Milch der frommen Denkungsart über die Sakramente
Heiliger Kreuzkümmel blähte die Nasenflügel
Dem Heiland glitt der Schurz von der Lende
und löste bei allen Italienerinnen einen Eisprung aus
Tausend Engel pinkelten Fruchtwasser aus allen Wolken
So dass das Apfelbäumchen bis in die Stratosphäre wuchs
Und der Heilige kletterte daran empor mit den Worten
– Ich bin dann mal weg
Und haute sich bis zur Seligsprechung aufs Ohr
Dies war eine Geschichte
Die die Welt noch gebraucht hat
Und wir haben uns ihrer erbarmt
Beckert/Wolff 20/07/2011; unveröff.
*später angepasst: Franzl, der Tangopapst