Die Brachial Romantische Haus Apotheke
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TONSCHÖPFERS DILEMMA I
(für Wolfgang Heisig)

TONSCHÖPFERS DILEMMA


Es war einmal ein Komponist
Der kompostierte stets nur Mist
Im Garten als auch am Klavier
Mal hier mal da mal da mal hier

Jedoch der Ruhm ließ auf sich warten
Am Flügel sowie auch im Garten
Die großen Komponieridole
Verdienten endlos GEMA-Kohle
Nur er blieb von der Welt verkannt
Und war ständig abgebrannt

Doch eines Nachts im Knoblauchrausch
Hörte er den Klang der Klänge
Einen Ton so weich wie Flausch
So messerscharf wie Adlerfänge

So klebrig wie Termitenschleim
So trocken wie Kojotenlippe
So knatterhart wie Schabenbein
So klapperdürr wie Gnugerippe
So eruptiv wie ein Vulkan
So depressiv wie Müslimane
So aggressiv wie Größenwahn
So flatterig wie Bierzeltplane

Er erwachte, griff zum Stift
Dem Instrument des Tonarbeiters
Er griff und griff – und er begriff
Es gelang nicht ohne weiters
Denn das Gehörte war ein Ton
So gänzlich ohne Konvention
So unbeschreiblich sonderbar
Dass er nicht zu notieren war

Es half kein Kreuz und auch kein Bb
Der Ton verklang im Jotwedeh
Und hinterließ von seinesgleichen
Lediglich im Slip ein Zeichen

Der Schlüpfer wurde kompostiert
Nicht zur Hymne – nein zu Humus
Der Komponist glitt deprimiert
Unter den Musikhochschulbus


Beckert/Wolff 20/03/1993; unveröff.

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