Die Brachial Romantische Haus Apotheke
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BÜCKLIED

Langfassung
Der aufrechte Gang ist nur eine Frage des Blickwinkels.

Bücklied
1 Er hat’s im Rücken
Denn er muss sich immer bücken
Weil – er findet immer was
Doch es minimiert den Spaß
Wenn die Bandscheibe schabt
Und der Ischiasnerv aushakt
Selbst der Doktor hat gesagt:

2 Nicht so häufig bücken
Das schadet Ihrem Rücken!
Doch was soll er machen
Er sieht andauernd Sachen
Auf der Straße liegen
Und muss sich danach biegen
Um nicht zu sagen bücken

3 Kaum verkündet, schon geschieht
Dass er etwas liegen sieht
Ein Zehner klebt am Gullyrand
Wider besseren Verstand
Bückt er sich und just passiert
Dass der Wirbel abgeschmiert
Und der Schmerz ihn massakriert

4 Schnell zurück zur Praxis
Und dem Doc gesagt, was Fakt is’
Der schickt aus monitärem Zwang
Ihn zur Schwester zum Empfang
Der Zehner als Quartalsgebühr
Lag ja quasi vor der Tür
Und landet nun im Ausschnitt ihr

Kehrreim
Der eine sucht, der andere findet
So ist das in der Welt verteilt
Für jenen ist der Weg das Ziel
Dem anderen steht das Ziel im Weg
Denn der Igel ist schon da
Bevor der Hase losgeeilt
Was dem einen passiert,
Tut dem andern nicht weh
Doch beide haben ständig
Neue Viren im PC

5 Kaum ist alles eingerenkt
Geht er heim und stutzt und denkt
Was ist das für ein Paket?
Unterm Treppenabsatz steht
Eine Kiste und darin
Vierzig Säcke Kokain
Zum Superlangeleineziehn

6 Das Bücken geht voll in die Hose
Diagnose Sturzarthrose
Schon steht er wieder beim Empfang
Und betrachtet breit und lang
Mit freudigem Entzücken
Den wohlgeformten Schwesternrücken
Damit ließ’ sich prima bücken

7 Da bräuchte er nur noch zu gucken
Und die Alte kann sich ducken
Und so gingen Mann und Dame
Wie der Blinde und der Lahme
Als ein unschlagbares Team
Quasi Creme de la Cream
Er mit ihr und sie mit ihm

Intermezzo
Einer braucht den andern
Wie der Topf seinen Deckel
Und der Schritt seinen Zwickel
Wie der Löter sein Drähtchen
Und der schwere Junge sein leichtes Mädchen
Der Ami braucht seine Pumpgun
Wie der Japaner seinen Kugelfisch
Das Känguruh braucht seinen Beutel
Wie der Ikea-Gänger seine gelbe Tragetasche
(mit blauem Henkel)
Die Bombe braucht ihre Opfer
Und der Freiheitskämpfer seine Scheuklappe
Der Kanzler braucht seine Kanzel
Wie der Reichstag seinen Brand
Und der Willy seinen Stoph
Denn was sich liebt, das kann sich ruhig hassen –
Hauptsache es ergänzt sich

Kehrreim
Der eine sucht, der andere findet
So ist das in der Welt verteilt
Für jenen ist der Weg das Ziel
Dem anderen steht das Ziel im Weg
Denn der Lehrling ist schon dicht
Bevor der Meister selber bricht
Was dem einen passiert,
Tut dem andern nicht weh
Doch beide begegen sich andauernd im WC

8 Sie kehrte ihrem Job den Rücken
Um sich nun für ihn zu bücken
Einzusammeln, was die Massen
So tagtäglich fallen lassen
Der Finder zieht so froh fürbass
Auch dem Verlierer bringt es was
Nämlich neuen Shoppingspaß

Epilog
So lebten sie vom Finderlohn glücklich in den Tag hinein
Nur der Frauenbeauftragte in seinem vergoldeten
Chefsessel (Marke Agnetha Fältskog) zerbricht sich den
Kopf darüber, warum eine so emanzipierte und gut
ausgebildete Fachkraft vor ihrem Mann derart in die Knie
geht

Da geht ihm das Messer in der Tasche auf
Er will sich danach bücken
Und hat’s im Rücken

Beckert/Wolff 23/3/04; veröff. auf Billiges Vergnügen (2005)

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